NRW kocht mit Bio – was in vielen Privathaushalten immer häufiger zum Standard wird, ist bei der Außer-Haus-Verpflegung nach wie vor die Ausnahme. Der Bio-Anteil in Kantinen und Mensen befindet sich mit einem kleinen einstelligen Wert auf sehr niedrigem Niveau. Wie schafft man es also, mehr regionale Bioprodukte auf die Tische in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung zu bekommen?
Weil viele zukunftsorientierte Betriebe der Außer-Haus-Verpflegung (AHV) zunehmend ihr Engagement für Nachhaltigkeit verstärken und in Biolebensmitteln einen Weg sehen, dies zu forcieren, weil aber gleichzeitig eine große Lücke klafft zwischen dem, was die Biolandwirtschaft in NRW zu bieten hat und dem, was - teils küchengerecht vorverarbeitet - nachgefragt wird, bringt die Landesinitiative „NRW kocht mit Bio“ auch 2024 wieder Akteure und Akteurinnen entlang der Wertschöpfungsketten zusammen und bietet Raum und Möglichkeiten zur Vernetzung. In diesem, wie auch schon im Vorjahr, wurden dazu Veranstaltungen schwerpunktmäßig in den fünf Öko-Modellregionen (ÖMR) durchgeführt. Eine solches Vernetzungstreffen fand am 25. Juni in der Öko-Modellregion Bergisches RheinLand auf Schloss Homburg in Nümbrecht statt. Als Fortsetzung eines erfolgreich umgesetzten Online-Workshops mit der Öko-Modellregion im Dezember 2022 soll der Austausch zwischen den Akteuren entlang der bio-regionalen Wertschöpfungskette in der ÖMR nun weiter gestärkt werden.
Das funktioniert in kleinen, aber stetigen Schritten. So tauschten sich bei dem Treffen in den Räumlichkeiten der auf dem Schlossgelände ansässigen Bergischen Agentur für Kulturlandschaft rund 40 Wirtschafts-, Betriebs- und Küchenleitungen, landwirtschaftliche Erzeuger-, Verarbeitungs-, Lieferanten- und Handelsbetriebe sowie Vertreterinnen und Vertreter von Politik und Verwaltung darüber aus, wie sie gemeinsam bio-regionale Logistiklösungen auf- und ausbauen und so den Absatzmarkt für Biolebensmittel für die AHV stärken können. Elsbeth Oertzen war aus dem Düsseldorfer Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz in den Oberbergischen Kreis gekommen, um die Initiative „NRW kocht mit Bio“ vorzustellen. „NRW verfolgt in seiner Nachhaltigkeitsstrategie unter anderem das Ziel, bis 2030 20 % Ökolandbau zu haben - aktuell liegen wir bei rund 6 %. Eine Maßnahme, mit der diesem Ziel nähergekommen werden soll, ist die Förderung von fünf Öko-Modellregionen durch das Ministerium. In den Öko-Modellregionen werden Akteurinnen und Akteure auf regionaler Ebene zusammengebracht mit der Intention, stabile bio-regionale Wertschöpfungsketten aufzubauen und zu stärken. Gleichzeitig betreut das Ministerium die Initiative „NRW kocht mit Bio“; hier liegt der Fokus darauf, mehr Biolebensmittel aus NRW in den AHV-Markt zu bringen. Heute finden beide Initiativen hier zusammen“, nannte Oertzen den Hintergrund für das Motto der Veranstaltung „Mehr Bio in der AHV in den Öko-Modellregionen NRW“.
Die ÖMR BergischesRheinLand: ein Update
Jacqueline Hasenau brachte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den aktuellen Stand in der ÖMR Bergisches RheinLand, für die sie als Projektmanagerin tätig ist. „Wir haben in den vergangenen Monaten schon einige Veranstaltungen vor allem für unsere Landwirte gemacht, zum Beispiel über die Formen der solidarischen Landwirtschaft oder über mobile Schlachtung – der Impuls zur letzteren Veranstaltung kam aus der gegründeten Fachgruppe Rindfleisch. Daneben hat sich außerdem eine weitere Fachgruppe gegründet, die die Kartoffel- und Gemüsebaubetriebe vertritt“, fasste Hasenau zusammen. Auf der Düsseldorfer Fachmesse „Bio West“ und den DLG Feldtagen in Erwitte waren die fünf ÖMR mit einem Gemeinschaftsstand präsent.
Künftig solle die Fachgruppenstruktur optimiert werden. Dabei stünden dann auch produktübergreifende Themen, wie zum Beispiel die Vermarktung, auf dem Plan. „Wir haben einige Pilotprojekte gestartet, für die wir uns Partner aus der regionalen Wirtschaft gesucht haben. Außerdem möchten wir den Fokus noch mehr auf die Vermarktung von Rindfleisch legen, denn die Milchvieh- und Rinderhaltung ist ein Steckenpferd unserer Grünlandregion“, so die Managerin weiter.
Wann was und wo auf der Agenda der ÖMR Bergisches RheinLand steht, finden Interessenten in der Terminübersicht unter www.ömr.de. „Ein Highlight wird sicher das Schaukochen am 30. August im Rahmen der BioWochen NRW sein!“, versprach Hasenau.
Ernährung und Landwirtschaft gemeinsam denken
Ist das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW Auftraggeberin der Initiative „NRW kocht mit Bio“, setzt das Münsteraner Beratungsunternehmen a’verdis die Initiative für einen zukunftsfähigen Außer-Haus-Markt um. Der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter von a’verdis, Rainer Roehl, stellte einige Aspekte vor, die den Einsatz von Bioprodukten in der Außer-Haus-Verpflegung hemmen und erläuterte, welche Maßnahmen ihn gleichermaßen fördern können. „Es gibt in Deutschland mit seinen vielen Kantinen und Mensen in Schulen, Kitas, Krankenhäusern und Unternehmen einen riesigen Markt für die AHV; Bio in der Küche ist dabei aber lediglich eine Nische in der Nische“, meinte Roehl, der zuvor das wellenartige Auf und Ab der Biobewegung in Deutschland dar- und abschließend festgestellt hatte, dass sich seit den 1980er-Jahren nicht viel verändert habe an den zahlenmäßigen Anteilen von Bioprodukten in der AHV. Dort liege der Bio-Anteil bei etwa einem Zehntel des Absatzes von Bioprodukten. „20 % Biolandbau in NRW….. da ist noch ein dickes Brett zu bohren!“, konstatierte Roehl, der aber in dem aktuell immer wichtiger werdenden Thema der gesünderen und nachhaltigeren Ernährung eine Chance für die Biolandwirtschaft sieht. „Ernährung spielt eine große Rolle - und diese hoffentlich in Verbindung mit der Landwirtschaft!“
So gebe es in NRW zwar einige Vorzeigeprojekte, 13 an der Zahl, die zeigen, wie erfolgreiche Kooperationen zwischen AHV-Unternehmen und regionalen Erzeugern beim Einsatz von Biolebensmitteln aussehen kann (zu finden auf der Webseite des MLV unter www.mlv.nrw.de, Stichworte Themen, Landwirtschaft, Landwirtschaft und Umwelt, Ökologischer Landbau und hier unter Entwicklung des Biomarktes in Nordrhein-Westfalen). „Diese Leuchtturmprojekte sind aber leider viel zu wenige für den Aufbau stabiler bio-regionaler Wertschöpfungsketten“, schränkte Roehl ein.
Wo liegen die Probleme?
Warum aber tun sich (Groß)Küchen so schwer, mehr bio-regionale Produkte einzusetzen? „Es gibt eine Reihe von möglichen Gründen. Ist die Gästenachfrage zu gering? Hat die Küche eine andere Priorität? Ist der Einsatz von Biolebensmitteln ökonomisch darstellbar? Sind sie in ausreichender Menge verfügbar - vor allem küchenfertig vorverarbeitete Produkte? Fehlt die Unterstützung von Politik und Verwaltung?“ Beim letzten Punkt sah der Berater großen Handlungsbedarf. Es gebe zwar Bewegung in Deutschland, zum Beispiel durch die im letzten Jahr verabschiedete neue bundesgesetzliche Regelung (Durchführungs-Verordnung) zum Einsatz von Biolebensmitteln in der Außer-Haus-Verpflegung (Bio-AHVV) sowie einen Leitfaden mit praktischen Tipps zur neuen Bio-AHVV, als PDF-Dokument zu finden auf der Seite von a’verdis unter dem Stichwort „Uploads“ 2024/06 unter averdis/GfRS-Leitfaden. „Welche Anforderungen gelten für die Kennzeichnung von Bio-Zutaten und -Erzeugnissen? Wie kann Bio auf Speiseplänen und anderen Materialien kommuniziert werden? Was ist der Unterschied zwischen der verpflichtenden Kennzeichnung und der optionalen Auszeichnungsmöglichkeit mit dem Bio-AHV-Logo in Bronze, Silber oder Gold? Das sind nur einige der Fragen, die sich die Küchenchefs von Kantinen bei der praktischen Umsetzung stellen. Hier möchte der digitale Leitfaden "Mehr Bio mit Zertifikat in der AHV!" ansetzen“, erläuterte Rainer Roehl.
Bioküchen und Betriebe aus der Region
Wie und wo kaufen Großküchen in und um die Region Biolebensmittel ein und welche Rolle spielen dabei Erzeuger und Händler? Und andersherum: Welche Bedeutung haben Großküchen für die Erzeuger, Hersteller und Händler? Unter dieser Fragestellung berichteten einige Praktikerinnen und Praktiker von ihren Erfahrungen.
Fazit
Alle Beteiligten waren sich nach Abschluss der Veranstaltung einig, dass sie wertvolle Impulse für die weitere Arbeit erhalten haben und die Vernetzung in der Region weiter angestoßen wurde. Als Ansprechpartnerin für alle, die sich in die Öko-Modellregion Bergisches RheinLand einbringen möchten, steht Jacqueline Hasenau zur Verfügung. Den Kontakt finden Sie ebenfalls auf der Seite der ÖMR NRW.
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW