Farm to Future: Vom Streuobst zum Apfelsaft

Münsterland

Drei randvolle Kisten mit knackigem Streuobst, Äpfel werden gehäckselt, jeder will mal an der Kurbel drehen. 15 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge des Vereins ProKuS e.V. aus Münster stellen Apfelmaische her, um daraus frischen Apfelsaft zu pressen. 

Es ist der dritte Workshop der „Farm to Future“-Reihe auf dem Emshof in Telgte. Mit Unterstützung von Maike Prehm vom Bioland Landesverband NRW und Thomas Mosebach vom Emshof e.V. dreht sich heute alles um das Thema Streuobst.

Nach der Schule, um 14:30 Uhr, geht es los. Schubkarren werden befüllt, Holzkisten gestapelt, und dann ab auf die Streuobstwiese – die Äpfel sollen geerntet werden. Zwischen neugierigen Schafen, die auf der Streuobstwiese weiden, sammeln und pflücken die Jugendlichen das Obst. Kiste um Kiste füllt sich mit knackigen Äpfeln.

Zurück auf dem Hof geht es an die Verarbeitung: Waschen, vierteln, faule Äpfel aussortieren, Zerkleinern der Apfelstücke und schließlich das Häckseln zu Maische. Die Maische wird zwischen Tüchern gepackt und mit Hilfe eines Wagenhebers ausgepresst. Der frische Saft fließt in die Kannen, und alle probieren ihr Ergebnis: „خوندور“ (Khwandor) auf Paschtu, „لذيذ“ (Ladhidh) auf Arabisch, „Mai dadi“ auf Hausa (Westafrika) oder einfach nur „Lecker!“ auf Deutsch – das Wort haben alle schnell gelernt.

Mit dem Apfelsaft geht es weiter auf die Tenne, wo ein Sprachspiel vorbereitet ist. Es bringt die Jugendlichen spielerisch an die deutsche Sprache heran, indem sie über Obst und Gemüse lesen, sprechen und schreiben. Ein großer Spaß, bei dem alle mitmachen.

Bevor es zurück in die Unterkunft nach Münster geht, bekommen die Emshof-Schweine den Apfeltrester gefüttert. Ein krönender Abschluss eines lehr- und ereignisreichen Nachmittags am Emshof – nichts wird verschwendet, alles kommt in den Kreislauf zurück.

Über ProKuS e.V.

Der Träger ProKuS e.V. betreut ambulant in einer Brückeneinrichtung unbegleitete, minderjährige Geflüchtete. Die Bewohner haben eine lange, belastende Reise hinter sich und sind gerade nach Deutschland eingereist. 

„Wir sind unglaublich dankbar dafür, an dem Projekt teilnehmen zu dürfen. Dank dem Projekt kann unsere Wohngruppe mehrfach den Emshof besuchen. Dabei kommen unsere Bewohner in Kontakt mit biologisch erzeugten, regionalen Lebensmitteln und erfahren erste Möglichkeiten, wie diese verarbeitet werden können“, so berichte Phillip Willeke, der über einen direkten Kontakt zum Emshof von diesem Projekt erfahren hatte. Er erzählt weiter, wie sehr die Teilnehmer von den Besuchen profitieren. So zeige sich im Anschluss an die Besuche eine positive Gruppendynamik, die Jugendlichen seien zudem im Anschluss an die Besuche deutlich ausgeglichener. 

„Unsere Bewohner erleben sich in deutlich anderen Umständen als in unserer Unterkunft und begreifen sich in ihren Ressourcen. Sie zeigen sich interessiert und engagiert“, fass Phillip Willeke den Erfolg des Projektes für seine Wohngruppe zusammen.

Ein weiterer positiver Effekt zeigt sich durch eine veränderte Zukunftsperspektive, viele Jugendliche könnten sich in Folge von Besuchen eine Arbeitsaufnahme in der Landwirtschaft vorstellen. 

Mehr zum Projekt „Farm to Future“

Ziel des Projektes Farm to Future ist es, Partnerschaften zwischen ökologischen landwirtschaftlichen Betrieben und sozialen bzw. pädagogischen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche aufzubauen. Standorte dieses Pilot-Projektes sind die Öko-Modellregionen in NRW. 

Im Rahmen des Projektes nehmen die Jugendgruppen an einem Bildungsprogrammteil, bei dem sie Wissen zur ökologischen Landwirtschaft und Wertschöpfungsketten anreichern und erleben. Zielgruppe sind primär Jugendliche im Alter der Sekundarstufe I. Insgesamt sind sechs Veranstaltungen für jede Jugendgruppe bis Ende 2025 geplant, wovon drei auf dem landwirtschaftlichen Partnerbetrieb stattfinden sollen. Zusätzlich werden die Betriebe und Einrichtungen beratend unterstützt, die Außerhausverpflegung vom Betrieb zur Einrichtung aufzubauen. Mit den Erfahrungen aus dem Projekt sollen schließlich Praxisleitfäden zum Aufbau von Partnerschaften einerseits für Landwirt*innen und andererseits für Pädagog*innen entstehen und anschließend veröffentlicht werden.

Durchgeführt wird das Projekt Farm to Future vom Bioland Landesverband NRW. Das Projekt ist beauftragt durch die Landesvereinigung ökologischer Landbau NRW e. V. (LVÖ) und wird wie die Öko-Modellregionen NRW gefördert durch das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.