Am 10. September war der Rouenhof in Kevelaer Gastgeber für eine Veranstaltung der Öko-Modellregion Niederrhein und der Landwirtschaftskammer NRW. Diese hatten die Leitungen sowie das Küchenpersonal von Kitas und Schulen dazu eingeladen, alles Wichtige über die bio-regionale Ernährung der Schul- und Kita-Kinder zu erfahren. Und natürlich die „Basics“ über den Ökolandbau zu lernen.

©Meike Siebel, LWK NRW
Was also ist authentischer und wirkungsvoller, als eine solche Infoveranstaltung auf einem Pionier-Biobetrieb mit Direktvermarktung und eigener Energie-Erzeugung stattfinden zu lassen? Zumal die Betriebsleiter des Demeterbetriebs Rouenhof, Bernd und Anne Verhoeven, bekannt für ihr engagiertes, fesselndes Interagieren mit - oft bio-fernen - Verbraucherinnen und Verbrauchern aller Couleur sind und mit ihrer kritischen, aber immer optimistischen Art bislang jeden und jede für den Ökolandbau gewinnen konnten.
So begrüßten an diesem sonnigen Mittwochnachmittag Bernd Verhoeven, Kirstin Aryan von der ÖMR Niederrhein und Claire Nogherotto, bei der Landwirtschaftskammer NRW mit der beruflichen Bildung im Ökolandbau befasst, die rund 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Schulen, Kitas und Großküchen der Kreise Kleve und Wesel auf dem Rouenhof in Kervenheim.
Zum Anfang ein paar Zahlen
Claire Nogherotto erläuterte den Gästen als Einführung ins Thema, was den Ökolandbau ausmacht. Dazu richtete sie die Frage ans Publikum: „Wie groß ist der Anteil des Ökolandbaus an der Landwirtschaft in Deutschland?“ – um als Ergebnis klarzustellen, wie weit Deutschland im Allgemeinen und auch Nordrhein-Westfalen im Besonderen von den vom Bund ausgelobten 30 % und in NRW 20 % Ökolandbau bis 2030 noch entfernt ist, liegt der Flächenanteil in NRW derzeit bei gerade einmal 6,1 % und damit unter dem Bundesdurchschnitt. „Auch für die Außer-Haus-Verpflegung (AHV) sind 30 % Anteil biologischer Lebensmittel angestrebt. Hier sehen die Zahlen noch ernüchternder aus: 2024 lag der Anteil von „Bio“ in der AHV bei gerade einmal 1,3 %!“, musste Nogherotto den Damen und Herren verkünden. Über den Bioanteil in der Kita- und Schulverpflegung seien keine genauen Daten bekannt.
Nogherotto ermunterte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, einen Maßstab für gesunde und nachhaltige Ernährung in ihrer Einrichtung zu setzen. Sie nannte dazu einige Vorzüge bio-regionaler Lebensmittel: „Die regionalen Vermarkter von Bioprodukte können meist kurzfristiger auf Änderungen reagieren und die Produktvielfalt ist eventuell größer, es sind oft andere Produkte dabei, als die Kinder im Alltag gewohnt sich. Außerdem enthalten diese keine Rückstände von Pestiziden.“ Problematisch seien oft die vermeintlich höheren Kosten für Biolebensmittel. „Die bleiben aber mit einer gezielten Planung und einigen Überlegungen im Rahmen!“, versprach Claire Nogherotto.
Klimaschutz durch Bio-Essen

©Meike Siebel, LWK NRW
Bernd Verhoeven führte die Gruppe über den Rouenhof. Dabei füllte er die Grundprinzipien des Ökolandbaus - nämlich den Verzicht auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz, Kunstdünger und Gentechnik sowie auf den präventiven Einsatz von Antibiotika - mit Leben. Auf seinem Hof mit Milchkühen, Schweinen und Milchziegen sowie Ackerbau verfolgt er möglichst geschlossene Betriebskreisläufe. Tierwohl mit der Haltung auf Stroh, Bodenschutz durch Kleegras- und Zwischenfruchtanbau, Nachhaltigkeit und der Erhalt der Artenvielfalt sind für ihn eine Selbstverständlichkeit. „Wir haben hier vier Eulenarten auf dem Hof!“, zeigte er sich froh über sicht- und hörbare Biodiversität.
Das Ziel auf dem Demeterhof: Gesunde Lebensmittel produzieren und gleichzeitig Umwelt und Ressourcen schonen. „Mit der Strohhaltung tun wir nicht nur den Tieren etwas Gutes. Stroh bindet Kohlenstoff, es gelangt weniger CO2 in die Atmosphäre. Ebenso halten Kleegras und andere Zwischenfrüchte Stickstoff im Boden - der Verzicht auf Kunstdünger spart Energie. Der Humusanteil wächst. Es gibt viele Ansätze, umwelt- und klimaschonend zu wirtschaften“, bestätigte Bernd Verhoeven. Die Lehrkräfte, die Küchenleitungen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schul- und Kita-Kantinen seien Multiplikatoren dieser Ansätze, mit denen sie die Eltern von Biolebensmitteln auf den Tellern überzeugen könnten. „Über die Klima-Schiene als Argumentationsansatz erreichen Sie die Eltern immer!“, so seine Erfahrung. „Denn die möchten schließlich nur das Beste für ihre Kinder.“
Treffen auf dem Archehof Lühlerheide

©Selina Schönenborn, LWK NRW
Am Freitag, 12. September, fand auf dem Archehof Lülerheide eine Veranstaltung mit dem gleichen thematischen Schwerpunkt wie am Mittwoch in Kevelaer statt.
Den Auftakt machte Selina Schönenborn von der Landwirtschaftskammer NRW, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie schon ihre Kollegin Claire Nogherotto mit einem Überblick über die Grundlagen des Ökolandbaus auf den aktuellen Wissensstand brachte.
Anschließend folgte der Rundgang über den Archehof. Landwirt Finn Wantia gewährte dabei spannende Einblicke in den Betriebsalltag und stand den Teilnehmern für Fragen offen. Auch der Naturpädagoge Stefan Leiding war mit dabei, der auf dem Betrieb den Bereich „Lernort Bauernhof“ betreut. Hier können individuell gestaltete Natur-Erlebnistage mit vielfältigen Themenschwerpunkten, wie Streuobstwiesen, Hühnerhaltung, Ziegen und vielem mehr, organisiert werden. Weitere Informationen sowie Kontaktdaten zum Programmangebot finden Sie auf der hofeigenen Webseite.
Wie bereits am Mittwoch, informierte Kirstin Aryan, ÖMR Niederrhein, umfassend über verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten und beantwortete Fragen rund um Förderprogramme und Unterstützung (siehe unten).
Selina Schönenborn, Landwirtschaftskammer NRW
Tools zur Menü- und Kostenplanung
Kirstin Aryan, Managerin der Öko-Modellregion Niederrhein, nahm mit ihrem Vortrag den Küchenleitern und Lehrerinnen die größten Sorgen vor immens steigenden Kosten durch den Einsatz von Biolebensmitteln in der Schul- und Kitaverpflegung. Es gebe zahlreiche Finanzierungsmöglichkeiten und Lösungsvorschläge für ein bioregionales Angebot in den verschiedenen Einrichtungen, so Aryan.

©Kirstin Aryan, ÖMR Niederrhein
„Es ist richtig: Wegen einer arbeitsintensiveren Wirtschaftsweise und geringeren Erträgen, wegen der teuren Betriebskontrollen und einer aufwändigeren Verarbeitung der Bioprodukte entstehen Mehrkosten beim Einsatz von Biolebensmitteln. Es gibt aber zahlreiche Strategien, die Kosten im Griff zu halten“, so Aryan. Abgesehen davon würden scheinbar billige Lebensmittel den Steuerzahler Geld kosten, das an anderer Stelle von ihm verlangt wird. So haben zwei Studien aus den Jahren 2020 und 2023 den Umwelteinfluss von ausgewählten Lebensmitteln sowie deren wahre Kosten berechnet, nachzulesen auf den Webseiten www.sciencedirect.com und www.nature.com. Auch mit diesem Wissen lasse sich konsequenter für einen Einsatz von Bio in der AHV argumentieren.
Ganz praktisch nannte die Referentin fünf Maßnahmen, mithilfe derer die Kosten im Griff zu halten seien:
- Speiseabfälle vermeiden: bedarfsgerechte Mengenkalkulation
- Anpassung der Rezepturen: zum Beispiel Fleischmengen reduzieren
- Saisonales Obst und Gemüse aus der Region einsetzen – oft sind regionale Lieferanten günstiger als der Großhandel
- Schrittweise Umstellung auf Bio-Produkte: Einstieg mit denjenigen Bioprodukten, bei denen der Preisunterschied nicht zu groß ist, wie Getreideprodukten
„Und kochen Sie frisch, denn frische Produkte selbst zubereitet sind günstiger als hoch verarbeitete Convenience-Produkte. Gesünder und schmackhafter sind sie zudem!“, empfahl Aryan. „Die Bezugsquellen für regionale Bioprodukte finden Sie auf der Webseite der Öko-Modellregionen NRW unter www.ömr.de.“
Die Beratung zur Einführung von oder zur Ausweitung des Angebots von Bio-Lebensmitteln in Unternehmen der AHV, also auch Schulmensen oder Kita-Verpflegung, wird übrigens finanziell gefördert. Dazu gibt es das so genannte Bundesprogramm RIBE-AHV, zu finden auf der Seite des Bundesprogramms Ökologischer Landbau unter bundesprogramm.de, Stichwort AHV.
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW
(Kostenlose) Beratung – hier zu finden
Die Beratung zum Einsatz bio-regionaler Lebensmittel in der AHV ist oft kostenlos über Initiativen oder Projekte. Beispiele hierfür sind:
- www.kita-schulverpflegung.nrw: hier finden Sie auch Tools zur Berechnung der Mehrkosten
- www.oekolandbau.de: Best Practice-Beispiele zu Bio in der Außer-Haus-Verpflegung sowie die Initiative „Bio kann jeder“; hier ist auch eine BioBitte-Präsentation zu finden, die sehr ausführlich und öffentlich einsehbar Beispielkalkulationen verschiedener Speiseplanzusammenstellungen vorrechnet
- www.Biospeiseplan.de: Tools zur Speiseplanung
Biokisten für die AHV
Lea Etzold vom Biohof Etzold in Winnekendonk und Simone Schmitz vom Biohof Büsch in Weeze stellten auf dem Rouenhof ihre jeweiligen Biokistensysteme vor. Beiden gemein ist eine große Flexibilität bei den Mengen und der Auswahl der Produkte. Beide Betriebe bieten einen Lieferservice an sowie Bestellungen aus dem Online-Shop. Testbestellungen und eine Probezeit sind selbstverständlich, damit die Einrichtungen herausfinden können, ob das System zu ihren Gegebenheiten passt.

©Meike Siebel, LWK NRW Lea Etzold und Simone Büsch.
In Schermbeck stellte Alexander Tillmann das „Biomobil Biomarkt Wesel“ vor. Im Rahmen des Projektes, das 2021 ins Leben gerufen wurde, wird aktuell die Region rund um Wesel und Bocholt mit Bioprodukten beliefert. Mit über 8 000 Produkten bietet das Unternehmen ein breites Sortiment an Bio-Waren. Kundinnen und Kunden können zwischen verschiedenen Bestelloptionen wählen. Infos dazu finden Sie unter biomobil.de.

©Selina Schönenborn, LWK NRW Alexander Tillmann vom "Biomobil".
Weitere Biokisten-Anbieter in der Region sind der Biohof Deiters in Schermbeck, die Biogärtnerei Voorthuysen in Emmerich, Die am Deich in Kleve, Naturkost Schniedershof in Wachtendonk. Alle Kontakte finden Sie auf der Seite der Öko-Modellregion Niederrhein sowie in dem hier verlinkten Flyer.
